Allgemeine Geschäftsbedingungen, das sind die Texte, die gefühlt nie jemand liest, die jedoch Bestandteil von nahezu jedem Vertrag mit größeren Unternehmen ist. Deshalb haben Sie durchaus Aufmerksamkeit verdient. Der folgende Beitrag geht darauf ein, was AGB sind, wie sie Teil des Vertrags werden und warum man sie eben doch lesen sollte.
Allgemeine Geschäftsbedingungen tauchen in verschiedenen Formen auf: als ein über mehrere Seiten klein gedruckter Text, als Ausdruck mit anderen Vertragsunterlagen. Als Aushang in Ladenlokalen, als digitales Dokument angehangen an e-Mails oder verlinkt auf Webseiten. Nicht immer sind die Bedingungen mit „AGB“ überschrieben. Manchmal heißen sie auch Einkaufsbedingungen, Nutzungsbedingungen oder Rahmenvertrag. Entscheidend ist nicht, was darüber steht, sondern ob es die gesetzlichen Merkmale erfüllt.
Demnach sind AGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei, Verwender genannt, der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Selbst, wenn ein Dokument aussieht, wie ein individueller Vertrag, kann es sich um AGB handeln, wenn der Verwender es als Muster für eine Vielzahl von Abschlüssen nutzt.
Die Folge ist, dass die besonderen Regelungen des BGB zu allgemeinen Geschäftsbedingungen Anwendung greifen.
Aus der gesetzlichen Definition ergibt sich gleichzeitig, weshalb es AGB überhaupt gibt: für viele Unternehmen ist es sinnvoll, für die eigenen Leistungen Standardregelungen zu vereinbaren. So wird Kunden gegenüber einerseits ein gleichbleibendes Niveau gehalten. Des Weiteren behält ein Unternehmen auf diese Weise den Überblick, was mit jedem Kunden mindestens vereinbart wird, ohne, dass dies immer wieder in einer individuellen Verhandlung thematisiert werden muss. AGB dienen damit vor allem der Effizienz. Demgegenüber sorgen gesetzliche Sonderregelungen dafür, dass Verwender von AGB diese nicht nutzen können, um ungerechte Regelungen zu verstecken. Das AGB-Recht im BGB schützt die Kunden und Vertragspartner.
Legal Facts
Fakt 1: AGB sind „der Vertrag“
AGB sind Vertragsbestandteil oder können den gesamten Vertragstext bilden. Ein Vertrag kann verschiedene Formen haben. Er muss nicht aus einem zusammenhängenden Schriftstück bestehen. Vielmehr kann sich ein Vertrag aus mehreren, aufeinander verweisenden Dokumenten wie Angebot, Rahmenvereinbarung und oder AGB zusammensetzen. Und auch, wenn nachfolgend Erläuterungen über die Einschränkungen für AGB-Regelungen folgen und wie dies Kunden vor unfairen Klauseln in AGB schützt: mit dem Wissen, dass Ihr, sobald Ihr AGB zustimmt, einen Vertrag mit dem entsprechenden Inhalt schließt, ergibt es doch etwas mehr Sinn, sich diesen vermeintlich langweiligen Text durchzulesen.
Das Internet senkt in diesem Zusammenhang zwar die Hemmschwelle, weil ein Klick regelmäßig einen weniger relevanten Eindruck hinterlässt, als eine Unterschrift. Rechtlich können beide aber zu einem wirksamen Vertragsabschluss führen. Daher hier noch einmal die deutliche Empfehlung, Vertragsbedingungen stets zu lesen.
Umgekehrt ist das Vorhandensein von AGB übrigens auch ein Indikator dafür, dass der Verwender einen Vertrag abschließen will. Wenn Ihr beispielsweise Nutzungsbedingungen für ein kostenloses Angebot zustimmt, dann verpflichtet Ihr Euch nicht nur zur Einhaltung dieser Bedingungen. Vielmehr könnt Ihr aus dieser Regelung möglicherweise auch Rechte ableiten.
Fakt 2: AGB müssen richtig einbezogen werden
Damit AGB Anwendung finden, müssen sie wirksam in die Vereinbarung zwischen Verwender und anderer Vertragspartei einbezogen werden.
Dazu sind laut der gesetzlichen Regelung drei Voraussetzungen zu erfüllen:
- Der Verwender muss bei Vertragsschluss ausdrücklich auf die Geltung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinweisen.
- Die andere Partei muss eine zumutbare Möglichkeit haben, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen.
- Die andere Partei muss mit der Geltung einverstanden sein.
Zur ersten Voraussetzung folgt in diesem Beitrag auch ein Beispiel aus der Rechtsprechung. Der Grundsatz ist: Ob ein Hinweis ausreichend ist, beurteilt sich nach der individuellen Situation. Gibt es ein schriftliches Angebot oder ein anderes individuelles Vertragsdokument, sollte die zusätzliche Geltung der eigenen AGB dort erwähnt werden. Bei Vertragsschlüssen im Internet, also z.B. in Apps oder Onlineshops hat sich etabliert, dass unmittelbar vor dem Abschlussbutton auf die AGB, meist mit Link, hingewiesen wird.
Ist ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich, kann er auch durch deutlich sichtbaren Aushang am Orte des Vertragsschlusses erfolgen. Das ist typischerweise in Ladenlokalen der Fall. Achtet mal darauf – in vielen Ladenketten hängen AGB zum Beispiel direkt an der Kasse.
Die zweite Voraussetzung, damit AGB wirksam einbezogen werden, ist, dass die andere Partei eine zumutbare Möglichkeit hat, diese wahrzunehmen. Dies muss geschehen, bevor sie dem Vertragsschluss und damit der Geltung der Bedingungen zustimmt. Auch hier kommt es auf die individuelle Situation an. Am einfachsten ist es, wenn der Verwender der anderen Partei die AGB übergibt oder übermittelt. Aus Verwender-Sicht sollte aber jedenfalls klar sein, dass ein Verstecken von AGB oder ein Zurückhalten und späteres „aus-dem-Hut-Zaubern“ keine Lösung ist. Im Zweifel werden die Geschäftsbedingungen dann bereits kein Vertragsinhalt.
Das dritte Erfordernis ist, dass die andere Partei mit der Geltung der AGB einverstanden ist. Das steht zwar ausdrücklich im Gesetz, ist eigentlich aber selbsterklärend und bereits an anderer Stelle im BGB geregelt. Für einen Vertragsschluss braucht es immer zwei übereinstimmende Willenserklärungen. Diese setzen den gleichen Wissensstand und inhaltlich eine Einigung voraus. Natürlich besteht Vertragsfreiheit. Der Verwender sich dazu entscheiden kann, keinen Vertrag zu schließen, wenn seine AGB nicht akzeptiert werden. Das kennen wir im Zusammenhang mit Vertragsschlüssen mit großen Unternehmen. Gerade wenn ein Produkt auf eine Vielzahl von Verträgen ausgelegt ist, wäre es gar nicht wirtschaftlich, jeden Vertrag individuell zu verhandeln. Aus Kundenperspektive haben wir das inzwischen gelernt und akzeptieren es im Alltag meist.
Eine letzte Anmerkung zu diesem Fakt: Werden AGB Bestandteil des Vertrags zwischen Unternehmer und Verbraucher im elektronischen Geschäftsverkehr, muss der Unternehmer im Rahmen seiner zahlreichen Informations-Pflichten die AGB zusätzlich in einer Form zur Verfügung stellen, dass der Verbraucher in der Lage ist, diese abzurufen und zu speichern.
Fakt 3: Nicht alles darf in AGB geregelt werden
Das im BGB verankerte AGB-Recht regelt nicht nur, wann Allgemeine Geschäftsbedingungen wirksam in einem Vertragsverhältnis Anwendung finden. Es trifft darüber hinaus zahlreiche Einordnungen, was inhaltlich in diesen Bedingungen geregelt werden darf. Die im Grundsatz geltende Vertragsfreiheit findet hier Grenzen.
Hintergrund ist der Gedanke, dass es sich gerade nicht um einen individuell verhandelten Vertrag handelt. Der Verwender hatte viel Zeit, sich zu überlegen, was er in seine Bedingungen zu seinen Gunsten aufnehmen möchte. Demgegenüber steht die andere Partei zu dem Zeitpunkt, zu dem sie Einblick in die AGB erhält, vielleicht unter Zeitdruck oder hat die Abschlussentscheidung innerlich schon getroffen. Das führt zu einer gewissen Schutzbedürftigkeit des Vertragspartners. Damit sind nicht nur Verbraucher gemeint. Das BGB stellt in § 310 klar, welche der Einschränkungen für die Ausgestaltung von AGB nicht gegenüber Unternehmern gelten. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass alle anderen Regelungen dazu, wann eine AGB-Klausel unwirksam ist, in allen Geschäftsbeziehungen gelten.
Wie für dieses Format üblich, werden nicht alle Einschränkungen im Detail hier erläutert. Klauseln in AGB sind stets unwirksam, wenn sie so überraschend und ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner mit einer solchen Regelung nicht zu rechnen brauchte. Vereinfacht gesagt, kann der Verwender in den eigenen AGB also nicht einfach noch eine Waschmaschine verkaufen. Ebenfalls unwirksam sind Klauseln, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Bei der Bewertung der Benachteiligung kommt es unter anderem darauf an, was gesetzlich vorgesehen ist und wie stark die AGB-Klausel davon abweicht.
Neben diesen eher grundsätzlich formulierten Einschränkungen gibt es darüber hinaus in den §§ 308 und 309 BGB auch eine ganze Reihe konkret genannter Regelungen, die – unter bestimmten Voraussetzungen oder per se – unzulässig sind. Als Beispiele seien hier Klauseln genannt, die die Haftung des AGB-Verwenders vollständig ausschließen oder die Verjährung von Ansprüchen in bestimmten Fällen zulasten des Vertragspartners stark verkürzen.
Wird in AGB dennoch eine Regelung getroffen, die nach diesen Vorgaben unwirksam ist, so hat dies in der Regel nicht die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur Folge. Vielmehr gelten für den Fall, den die Klausel regeln sollte, stattdessen das Gesetz. Im Übrigen findet weiterhin Anwendung, was im Vertrag, also in den AGB steht. Übrigens: ist der Inhalt der AGB-Klausel nicht eindeutig, so gilt bei deren Auslegung, dass die für den Verwender weniger vorteilhafte Bedeutung Vorrang erhält. Daher ist es wichtig, AGB so präzise wie möglich zu formulieren.
Fakt 4: AGB sind abmahnbar
Und ein ganz schneller Fakt zum Schluss: Unerlaubte AGB-Klauseln sind nicht nur unwirksam, sie können als unlautere Regelungen auch abgemahnt werden. Deshalb solltet Ihr AGB nicht auf gut Glück formulieren, frei nach dem Motto, was unwirksam ist, entfällt einfach. Das kann Euch im Zweifel Zeit und Geld kosten.
Nachdem wir nun die grundlegenden Fakten besprochen haben, werfen wir einen Blick auf ein paar Aspekte der Rechtsprechung zum Thema Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Das sagen die Gerichte
LG Lübeck (Urteil v. 7. Dezember 2023, Az. 14 S 19/23)
Urteil Nr. 1 ist aus Dezember 2023 und wurde durch das Landgericht Lübeck gesprochen. In dem vorausgehenden Verfahren ging es um die Frage, ob AGB wirksam einbezogen sind, wenn auf einem Auftragsformular per Angabe eines Links sowie eines QR-Codes auf sie hingewiesen wird. Link und QR-Code führten zu einer Webseite führen, auf der die AGB eingesehen werden konnten. Dies hat das Landgericht bestätigt.
Das bedeutet: Auch, wenn es sich nicht um ein digitales Dokument oder einen sprechenden Link handelt, reicht es aus, wenn per Link und oder QR-Code auf die AGB verwiesen wird. Das Gericht hat dies damit begründet, dass es bei der Frage, ob die andere Vertragspartei die AGB in zumutbarer Weise zur Kenntnis nehmen kann, nicht auf jeden einzelnen ankommt. Vielmehr ist die Perspektive des durchschnittlichen Kunden des Verwenders der AGB entscheidend. In dem konkreten Fall könne man davon ausgehen, dass der ganz erhebliche Großteil der Kunden des Verwenders eine Möglichkeit haben, den Link von einem Mobilfunkgerät aus abzurufen.
Selbst, wenn es Einzelnen nicht möglich ist, liegt dennoch ein wirksames Einbeziehen der AGB nach Auffassung der Richter vor. Sie argumentieren, dass das Gesetz an dieser Stelle nicht die Berücksichtigung aller Eventualitäten verlangt, sondern die Orientierung am Durchschnittskunden. Diese Entscheidung wurde in Fachmedien unter anderem aus einem ökologischen Aspekt heraus sehr begrüßt. Denn das bedeutet, dass an die Stelle von ausgedruckten AGB in Ladenlokalen künftig ein QR-Code treten könnte. Hier sollte die Rechtsprechung aber vielleicht noch etwas beobachtet werden. Das Urteil ist zwar rechtskräftig, kann also nicht mehr in einer höheren Instanz geändert werden, andere Gerichte müssen das aber nicht zwingend genauso sehen.
LG Bamberg (Urteil vom 15.03.2024, Az. 13 O 730/22)
Das zweite Urteil von heute ist nach letztem Kenntnisstand noch nicht rechtskräftig. Es wurde am 15. März diesen Jahres erlassen. An diesem Tag hat das LG Bamberg über die Unwirksamkeit einer AGB-Klausel wegen unangemessener Benachteiligung des Vertragspartners entschieden. Wir erinnern uns: § 307 BGB besagt, dass Klauseln, die den Vertragspartner unangemessen vernachlässigen, unwirksam sind. Zum Beispiel, weil sie zu sehr zu seinem Nachteil von der gesetzlichen Regelung abweichen.
Es erscheint fast erstaunlich, dass die Beklagte, eine Fitnessstudio-Kette, diese Sache bis vors Gericht gebracht und nicht vorher eingelenkt hat. Denn die Entscheidung und Begründung der Richter ist aus meiner Sicht wenig überraschend.
Zum Sachverhalt: Der Fitnessstudio-Betreiber verwendete eine AGB-Klausel, die im Ergebnis besagte, dass ein Kunde einer vorher angekündigten Preiserhöhung zustimmt, indem er das Drehkreuz des Fitnessstudios bei seinem nächsten Besuch passiert. Die Studiokette regelt im Grunde, dass die Nutzung der vertraglich geschuldeten Leistung gleichzeitig eine Erklärung zur Vertragsänderung ist. Die einzige Alternative ist, das Studio nicht mehr zu nutzen. Dass das nicht in Ordnung ist, drängt sich nahezu auf. So sah es auch das Gericht, das übrigens nicht nur eine unwirksame AGB-Klausel wegen unangemessener Benachteiligung annahm. Es hielt dieses Verhalten auch für eine sogenannte aggressive geschäftliche Handlung, die nach Wettbewerbsrecht unlauter ist. Die Beklagte wurde daher auch zur Unterlassung dieses Vorgehens verurteilt.
Zum guten Schluss
Zusammenfassend ist festzuhalten: AGB sind nicht immer nur klein gedruckte Dokumente mit der Überschrift „Allgemeine Geschäftsbedingungen“. Es können alle Arten von Standard-Vertragsdokumenten die Eigenschaften von AGB erfüllen. Sie müssen richtig einbezogen werden, um wirksamer Vertragsbestandteil zu werden und nicht alles ist in AGB erlaubt.