Werbung mit Gütesiegeln und Zertifikaten

Dieser Beitrag behandelt Werbung mit Gütesiegeln und was dabei rechtlich schief laufen kann.

Was ist Werbung mit Gütesiegeln, Zertifikaten und Prüfzeichen?

Starten wir mit ein paar Beispielen: Ihr habt ein Unternehmen und Euer Produkt wird durch die Stiftung Warentest mit einem positiven Testergebnis belohnt. Ihr dürft ein begehrtes Testsiegel verwenden und zum Beispiel auf Eurer Webseite darstellen. Oder Euer Unternehmen erhält ein Gütesiegel, beispielsweise für besonders faire Handelsbedingungen, wie das Fairtrade Siegel oder ein Siegel für besondere Vertrauenswürdigkeit. All diese Zeichen hinterlassen, wenn Ihr sie im Zusammenhang mit Eurem Unternehmen oder Produkten darstellen könnt, einen positiven Eindruck bei Euren Kunden, da sie von unabhängigen Stellen vergeben werden und für Vertrauen sorgen. Sie heben Euch von Wettbewerbern, die das Zeichen nicht verwenden dürfen, ab. Der Werbeeffekt ist nicht zu unterschätzen. 

Doch wie immer gibt es auch bei der Verwendung solcher Siegel gesetzliche Rahmenbedingungen, die eingehalten werden müssen.

Legal Facts

Fakt 1: Das Wettbewerbsrecht gibt die Regeln vor

Was Wettbewerbsrecht ist und wie es im Großen und Ganzen funktioniert, könnt Ihr im letzten Beitrag nachlesen. Und wie dort schon erläutert, ist unter anderem jedes Verhalten zugunsten des eigenen Unternehmens, dass mittelbar mit dem Absatz von Waren oder Dienstleistungen zusammenhängt, eine geschäftliche Handlung und unterfällt damit diesen rechtlichen Verhaltensregeln zum Verhalten zwischen den Marktteilnehmern untereinander. Wenn Ihr ein Siegel, wie ein TÜV Siegel für eine bestimmte Zertifizierung auf Eurer Webseite, in Eurem Ladenlokal an der Türe oder in gedruckten Broschüren darstellt, dann handelt es sich dabei um Werbung als Teilbereich von geschäftlichen Handlungen. Ihr müsst Euch daher an die Vorschriften des UWG, des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb, halten. So darf die Darstellung des Siegels zum Beispiel nicht irreführend sein. Das Wettbewerbsrecht gibt die Regeln vor. 

Fakt 2: Vertraglich können zusätzlich Regeln gelten

Neben den wettbewerbsrechtlichen Regeln kann es jedoch sein, dass für die Verwendung des jeweiligen Siegels durch die Stelle oder das Unternehmen, das das Siegel ausstellt, zusätzliche Vorgaben gelten. Ist das der Fall, müsst Ihr Euch bei der Darstellung des Siegels daran halten. Wieso? Ganz einfach: Selbst, wenn der Test Eures Produkts oder Unternehments initial vielleicht ohne Euren Auftrag erfolgt ist, dann könnt Ihr nicht einfach das Test- oder Gütesiegel benutzen, sondern müsst hierüber eine Vereinbarung mit der das Siegel vergebenden Organisation, also z.B. dem TÜV oder der Stiftung Warentest treffen. Und diese Vereinbarung ist ein Vertrag mit Rechten, aber auch Pflichten für beide Seiten. Das Siegel oder Prüfzeichen ist wie ein Logo in aller Regel als Marke geschützt, daher darf der Inhaber dieses Zeichens auch bestimmen, unter welchen Bedingungen andere dieses verwenden dürfen. Neben dem Wettbewerbsrecht können also vertraglich zusätzlich Regeln gelten.

Fakt 3: Werbung ohne oder mit falschem Siegel ist unlauter

Wer die Voraussetzungen für ein Siegel erfüllt und es verwenden darf, muss dies auch richtig tun. Wie oben beschrieben, darf die Darstellung des Siegels nicht unlauter, also beispielsweise irreführend sein und sie darf nicht gegen die vertraglichen Vereinbarungen mit dem das Prüfzeichen ausstellenden Unternehmen verstoßen.

Was vertraglich vereinbart ist, kommt natürlich auf den konkreten Vertrag an. Was das Wettbewerbsrecht betrifft, so liegt eine irreführende und damit unlautere und unzulässige Verwendung vor, wenn die Art und Weise der Darstellung dazu geeignet ist, einen Verbraucher oder anderen Marktteilnehmer zu einer Entscheidung zu veranlassen, die derjenige unter anderen Umständen nicht getroffen hätte.

Auch wenn es auf den ersten Blick weit hergeholt klingt, aber ein Siegel, das beispielsweise zeitlich beschränkt vergeben wurde und, trotzdem es veraltet ist, weiterhin in einer Werbebroschüre abgedruckt wird, kann zu einer solchen Entscheidung führen. Gleiches gilt für ein falsch wiedergegebenes Ergebnis, wenn das Siegel mit einem Ranking verbunden ist. Wenn Ihr also ein Stiftung Warentest Siegel verwendet und als Note „Sehr gut“ statt „befriedigend“ angebt und letzteres das echte Testergebnis ist, ist dies unlautere Werbung und kann abgemahnt werden. Und auch die Veränderung eines Gütezeichens oder die Darstellung im Zusammenhang mit einem Produkt, wenn die Auszeichnung tatsächlich für ein anderes Produkt erfolgt ist – all das sind irreführende geschäftliche Handlungen. Es ist daher enorm wichtig, dass Ihr bei der Verwendung eines Siegels oder Gütezeichen stets darauf achtet, dass von dem wiedergegebenen Zeichen selbst über die verlinkten Informationen zu den Prüfkriterien bis hin zu dem Zusammenhang in dem es dargestellt wird, keinen falschen Eindruck erweckt.

Ein Praxistipp an dieser Stelle: Die Organisationen, die Siegel und Gütezeichen verleihen, veröffentlichen meist auch einen Regelkatalog zu den Darstellungen, die häufig sogar in Bildern genau zeigen, was – nicht nur vertraglich, sondern auch rechtlich – erlaubt ist und was nicht. Lasst Euch hier von diesen Organisationen helfen. Und wenn Ihr Euch bei einer ganz konkreten Kampagne, Broschüre oder allgemein Gestaltungsidee einmal nicht sicher seid, lasst Euch anwaltlich beraten – zum Beispiel von mir.

Das sagen die Gerichte

OLG Bremen, Beschluss vom 24.01.2024 (Az. 2 U 60/23)

Bei der ersten gerichtlichen Entscheidung, die ich Euch vorstelle, handelt es sich um einen Beschluss des Oberlandesgerichts Bremen.

In diesem Verfahren hatte ein Verein gegen unlauteren Wettbewerb gegen ein Unternehmen geklagt, weil es auf seiner Webseite ein Produkt mit den Worten „LGA geprüft“ beworben habe, ohne dabei auf weitere Details oder die Prüfkriterien einzugehen. Die Darstellung des Produkts, übrigens ein Fitnesshocker, auf der Webseite beinhaltete tatsächlich die Beschreibungl „LGA geprüft“. Achtung: Hier wurde unstreitig nicht einmal ein Siegel, sondern nur die Beschreibung „LGA geprüft“ verwendet. Das zeigt, wie aufmerksam Verbraucher- und Wettbewerbsschützende Organisationen hinsichtlich korrekter Werbung mit Testergebnissen, Rankings, aber dann erstrecht auch Siegeln und Gütezeichen sind.

Bei der LGA-Prüfung handelt es sich um eine Prüfung, die im Hinblick auf einen ausgewählten Aspekt, zum Beispiel Sicherheit oder Schadstoffgehalt, erfolgt. Das Unternehmen gab an, die Abkürzung „LGA“ sei mit einem Link hinterlegt gewesen, der zum Prüfungszertifikat mit weiteren Informationen führte. Dies wurde durch den klagenden Verein bestritten. In seiner Argumentation ging dieser aber noch weiter: Er trug vor, es komme letztlich auch nicht auf den Link an, so oder so habe das Unternehmen nicht ausreichend transparent, sondern irreführend geworben. Denn es müsse im Rahmen der Darstellung solcher Prüfzeichen, bzw. -angaben transparente und vor allem für die Verbraucher leicht zugängliche weiterführende Informationen zu den Prüfkriterien und weiteren Details der Prüfung zur Verfügung gestellt werden. Dies sei selbst durch eine Verlinkung der Abkürzung „LGA“ nicht ausreichend geschehen. Vielmehr müsse auch ein Link zu weiterführenden Angaben so klar bezeichnet werden, dass für die Verbraucher erkennbar sei, wie sie diese Informationen finden könnten.

Was denkt Ihr, wie das Gericht entschieden hat? Wie seht Ihr das Ganze?

Das Landgericht gab dem Verein erstinstanzlich Recht. Daraufhin legte das Unternehmen Berufung ein. Doch das OLG teilte ebenfalls Auffassung des Vereins gegen unlauteren Wettbewerb. Bei den Prüfkriterien handele es sich um wesentliche Informationen, die den Verbrauchern nicht leicht zugänglich gewesen seien. Auch die OLG Richter waren er Auffassung, dass dies unabhängig von der Frage, ob es eine Verlinkung gegeben habe oder nicht, gelte. Aus diesem Grund habe das Unternehmen eine Irreführung durch Unterlassen verursacht und unlauter geworben. Es wies im Rahmen des hier erläuterten so genannten Hinweisbeschlusses auf diese Auffassung hin, womit dem Berufungskläger, also dem Unternehmen die Gelegenheit gegeben wurde, die Berufung zurück zu nehmen, was es auch tat. Der Beschluss zeigt, wie wichtig Transparenz im Zusammenhang mit der Werbung mit Gütesiegeln und Prüfzeichen ist.

LG München, Urteil vom 13.02.2023 (Az. 4 HKO 14545/21)

Die zweite Entscheidung der heutigen Folge ist ein Urteil des LG München. Dabei ist direkt zu Beginn eine Sache bemerkenswert: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, sondern es wurde Berufung eingelegt. Diese ist vor dem OLG München anhängig und noch nicht entschieden (Stand: Oktober 2024). Weil ich Euch hier aber vor allem Beispiele geben möchte, über was alles im Zusammenhang mit Prüfzeichen und Gütesiegeln gestritten werden kann, eignet sich das Verfahren dennoch, um es hier vorzustellen.

Auch in diesem Verfahren ist Kläger ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, nämlich die Wettbewerbszentrale. Sie klagte nicht gegen ein werbendes Unternehmen, sondern gegen einen Verlag, der selbst ein Prüfzeichen vergeben hat. Um das einmal wettbewerbsrechtlich einzuordnen: hier geht es deshalb um eine geschäftliche Handlung dieses Verlags, weil er zugunsten anderer Unternehmen tätig wurde, indem er dieses Siegel vergab.

Was war, bzw. da das Verfahren noch läuft, ist der Vorwurf? Es handelt sich um zwei Siegel mit der Bezeichnung „TOP Mediziner“ und „Focus Empfehlung“, die der Verlag im Rahmen einer jährlich erscheinenden Zeitschrift an Ärztinnen und Ärzte verlieh. Gegen Zahlung einer Lizenzgebühr wurden die entsprechenden Ärzt:Innen in der Zeitschrift gelistet und konnten das Siegel auch z.B. für die eigene Webseite verwenden.

Die Wettbewerbszentrale kritisiert im Rahmen ihrer Klage, dass für die Verbraucher nicht ersichtlich sei, ob und wenn ja welche objektiven Prüfkriterien dieser Auszeichnung zugrunde liegen. Vielmehr werde der Eindruck erweckt, die Bezeichnung als „TOP Mediziner“ oder die Empfehlung beruhe auf einer neutralen und sachgerechten Prüfung.

Demgegenüber verteidigt der Verein sein Vorgehen mit der Pressefreiheit. Die Zeitschrift und die darin enthaltenen Listen seien redaktionelle Inhalte, die Lizenzierung gegen Bezahlung dagegen nur ein nachgelagerter Akt.

Diesem Argument ist das Landgericht in erster Instanz nicht gefolgt. In der Pressemitteilung zum Urteil wurde die Begründung der Richter zusammengefasst, wie folgt: „Nach der Lebenserfahrung habe der Hinweis auf ein Prüfzeichen für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers eine erhebliche Bedeutung. Der Verbraucher erwarte, dass ein mit einem Prüfzeichen versehenes Produkt oder eine Dienstleistung von einer neutralen und fachkundigen Stelle auf die Erfüllung von Mindestanforderungen anhand objektiver Kriterien geprüft wurde und bestimmte, von ihm für die Güte und Brauchbarkeit der Ware als wesentlich angesehener Eigenschaften aufweisen.“

Weiter erläutert das Urteil, dass bei den konkret angewandten Kriterien auch solche dabei seien, die auf subjektiven Elementen beruhen, wie beispielsweise Patientenempfindungen. Deshalb handele es sich bei diesen Prüfzeichen um irreführende Werbung.

Auch, wenn diese Entscheidung durch das OLG noch umgekehrt werden kann, zeigt dieses Verfahren schon jetzt eines: Nicht nur die Unternehmen, die Siegel einsetzen, müssen darauf achten, nicht unlauter zu werben. Auch Organisationen, die selbst Siegel anbieten, sollten sich genau darüber im Klaren sein, was Verbraucher aus solchen Siegeln schließen können und dass entsprechende Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen.

Zum guten Schluss

Die Urteile, aber auch die Rechtslage insgesamt zeigen: Gütesiegel oder ähnliche Zeichen sind wertvolle Werbemittel. Werden Sie jedoch nicht korrekt dargestellt oder kann eine regelmäßige Aktualisierung, beispielsweise aufgrund der Art des Werbekanals, nicht regelmäßig vorgenommen werden, können sie für den Werbenden zu einem wettbewerbsrechtlichen Risiko werden.