Domains – wem gehört die Internetadresse?

Was steht in der digitalen Welt ganz am Anfang? Eine Domain. Was es zu den Buchstaben und Zahlen zwischen „www.“ und „.de“ juristisch zu wissen gibt und welche Herausforderungen die Suche nach der richtigen Domain mit sich bringen kann, erklärt dieser Beitrag!

Warum mit dem ersten Beitrag zu einem rechtlichen Thema der Digitalisierung nicht einfach oben anfangen, also ganz am Anfang? Denn ist es nicht so, dass alles, bzw. vieles in der digitalen Welt mit der Eingabe und Ansprache einer Domain beginnt?

Unsere Browser vervollständigen viele Domains zwar inzwischen von allein, über Suchmaschinen finden wir Webseiten teils schneller und Apps auf mobilen Endgeräten dienen letztlich auch schlicht der Wiedergabe von Inhalten hinter einer Internetadresse – auch wenn die Eingabe einer Domain in eine Adresszeile gar nicht mehr notwendig ist.

Letztlich steht zu Beginn jedoch immer eine Domain. Und auch wenn viele Inhalte heute über Plattformen geteilt und konsumiert werden, eine Webseite als „virtuelles zu Hause“ richten sich viele Unternehmen oder Personen zu beruflichen Zwecken, aber oft auch privat, ein. 

Domains als Adresse

Doch was ist eine Domain? Hier ein schnelles „Internet in a nutshell“: Die Adresszeile des Browsers ist wie das Adressfeld auf einem Brief. Die eingegebene Domain ist die Adresse, die Internet-Adresse.

Das Internet funktioniert nämlich wie ein virtuelles Postsystem: jeder Server, aber auch jeder Computer, der mit dem Internet verbunden ist, hat eine zugeordnete Nummer, die sogenannte IP-Adresse. Zur gleichen Zeit ist jede IP-Adresse im Internet nur einmal vergeben, das heißt, Anfragen an diese Nummer erreichen stets ihr Ziel.

Weil sich Menschen lange Nummern erfahrungsgemäß sehr viel schlechter merken können, als Worte, hat Paul Mockapetris das Domain-Name-System erfunden. Dieses System ist in der Lage und dafür zuständig, IP-Adressen in Namen zu übersetzen und umgekehrt. Damit kann in die Adresszeile des Browsers ein Domain-Name in Form von Worten eingegeben werden. Natürlich könnte der Funktionalität des Internets weitaus mehr als ein paar Sätze gewidmet werden, diese technische Erklärung muss für den weiteren Beitrag jedoch genügen.

Eine Domain als Internet-Adresse jedenfalls unterteilt sich in verschiedene Ebenen: Top-Level-Domain ist die höchste Ebene, der hinterste Teil einer Domain, also zum Beispiel .de, .com, .legal, usw. Man könnte, um bei dem Post-Vergleich zu bleiben, in etwa sagen, dass es sich hierbei um die Stadt handelt. Dieser Beitrag behandelt die Second Level Domain. Das ist der Teil unmittelbar vor der Top-Level-Domain, die beiden werden mit einem Punkt getrennt.

Wie die Second-Level Domain lautet, ist der Kreativität desjenigen überlassen, der sie registriert: Der Unternehmensname, der eigene Klarname, ein Phantasiewort, mit Bindestrich oder ohne, lediglich einige Sonderzeichen sind nicht möglich. Allerdings gilt: wie auch bei einer Postanschrift gibt es jede Adresse nur einmal – unter derselben Top-Level-Domain kann es nie zweimal die gleiche Second-Level-Domain geben – so, wie in einer Stadt nie zweimal die gleiche Anschrift.

Das kann zu Konflikten führen: Wer hat ein Anrecht auf eine bestimmte Domain, muss man auf eine andere Top-Level-Domain ausweichen, wenn der Wunsch-Name belegt ist, oder gilt „first come first serve“, also „wer zuerst kommt, mahlt zuerst“? Das sind die Legal Facts:

Legal Facts

Fakt 1: Kein Eigentum

Eigentum im rechtlichen Sinn gibt es an Domains nicht. Wer bei dem Registrar, also der Stelle, die Domains unter einer Top-Level-Domain offiziell vergibt, als Inhaber einer Domain eingetragen ist, ist nicht Eigentümer dieser Domain. Vielmehr hält die Person ein Nutzungsrecht an dieser Domain. Das ist zwar eine starke Position – wer beispielsweise bei der Denic (als Registrar für die .de-Domains) als Inhaber eingetragen ist, darf die Domain erst einmal nutzen, wie er oder sie möchte.

Letztendlich beruht das Nutzungsrecht jedoch allein auf dem Vertrag zwischen Registrar und Inhaber. Der Umfang des Nutzungsrechts wird durch diesen Vertrag bestimmt. Endet der Vertrag, endet das Recht zur Nutzung. Die Position eines Eigentümers gründet sich dagegen auf die Tatsache dieser Eigentumsposition selbst. Sie ist ein Fakt, wirkt allen gegenüber, ohne Vertrag, und kann nicht einfach gekündigt werden. Diese Unterscheidung mag auf den ersten Blick praktisch nicht so relevant sein. Sie hat aber zum Beispiel Einfluss darauf, auf welchem Weg gegen einen Domaininhaber vorgegangen kann, dessen Registrierung die Rechte Dritter verletzt.

Fakt 2: Der Inhaber ist rechtlich verantwortlich

Der eingetragene Domaininhaber ist dafür verantwortlich, dass sowohl der Domain-Name, als auch die hierüber abrufbaren Inhalte den Rahmen des rechtlich Zulässigen nicht verlassen. Insbesondere, wenn der Seitenbetreiber auf einer Webseite mit rechtswidrigen Inhalten nicht erkennbar oder offensichtlich falsch angegeben ist, richten sich Abmahnungen oder andere Rechtsmittel als erstes gegen den Inhaber der Domain. Über den Registrar, bei dem die Daten zu einer Domain abgefragt werden können, ist dieser in der Regel auffindbar.

Fakt 3: Weitergabe der Domain

Eine Domain, bzw. das Nutzungsrecht an ihr, kann verkauft, vermietet und sogar vererbt werden. Bei einem Verkauf wird der Käufer als neuer Inhaber eingetragen, der bisherige Inhaber gibt seine Position vollständig auf. Ebenso bei der Erbfolge, wo der Erbe als neuer Inhaber eingetragen wird.

Bei einer Vermietung bleibt der Inhaber der Domain beim Registrar eingetragen und richtet dem Mieter lediglich die technische Möglichkeit ein, die Domain zu eigenen Zwecken zu nutzen. Das ist deshalb interessant, weil der Domaininhaber nach außen trotzdem die verantwortliche Person bleibt und dementsprechend haften kann. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, in einem Domainmietvertrag, bzw. bei jeder Form der Überlassung einer Domain, bei der jemand als Inhaber eingetragen ist, der die Domain aber nicht selbst nutzt, solche Fälle zu regeln.

Fakt 4: First come, first serve

Grundsätzlich gilt bei Domains unter einer Top-Level-Domain das sogenannte „First come first serve“ – Prinzip. Das bedeutet, wer die Domain zuerst für sich registriert, hat das Nutzungsrecht. Haben also zwei Personen Interesse an dem selben Domain-Namen, hat derjenige das Recht auf die Domain, der sie als erstes registriert hat.

Das heißt jedoch nicht, dass die Position als Domaininhaber nicht angreifbar ist – insbesondere aus dem Markenrecht und dem Namensrecht können sich Situationen ergeben, die den Inhaber zwingen, die Nutzung an einer Domain wieder aufzugeben. Die Frage, ob ein Dritter aufgrund einer Marke oder eines Namensrechts gegen die Nutzung der Domain vorgehen kann, ist nicht ganz einfach zu beurteilen, es gibt entsprechend viel Rechtsprechung zu diesem Thema. Wichtig ist vorweg: jede Top-Level-Domain wird für sich betrachtet. Es ist also grundsätzlich keine Alternative, jemanden, der seine Rechte bzgl. einer .de-Domain geltend macht, einfach auf den gleichlautenden freien .com-Domainnamen zu verweisen.

Zu den genannten Schutzrechten, weil sie in diesem Zusammenhang so relevant sind, ein paar Sätze. Zuerst zum Markenrecht: Macht ein Markeninhaber gegen einen Domaininhaber die Verletzung seiner Marke geltend, dann kommt es darauf an, ob es die Marke schon gab und sie schon geschützt war, als die Domain durch den jetzigen Inhaber registriert wurde. Bei Marken ist also grundsätzlich die Chronologie ausschlaggebend.

Für das Namensrecht gilt etwas anderes. Hier ein anschauliches Beispiel: Ein Mann namens Walter Bauer registriert sich ohne besonderes Interesse die Domain paulschmidt.de. Ein Herr, der Paul Schmidt heißt, meldet sich und verlangt von Herrn Bauer, dass dieser die Domain nicht weiter nutzt, weil er keinerlei Namensrecht oder Interesse an der Nutzung des Namens vorbringen kann. Letzterer wird die Domain aufgeben müssen.

Denn im Namensrecht wird anhand einer Abwägung der gegenseitigen Interessen bestimmt, ob das Recht verletzt wurde oder nicht. Herr Bauer hat kein schutzwürdiges Interesse an der Domain. Hieße der Domaininhaber dagegen ebenfalls Paul Schmidt, käme es darauf an, wer die Domain zuerst registriert hat, also gerade nicht auf eine Abwägung der gegenseitigen Interessen.

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es zwar den Grundsatz „first come first serve“ gibt. Darüber hinaus gilt es jedoch, einiges zu beachten. Letztlich kommt es auf den Einzelfall an. 

Das sagen die Gerichte

BGH: wetteronline.de

Das erste nachfolgend erläuterte Urteil zum Thema Domains ist schon etwas älter, genauer gesagt hat es kürzlich sein zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Es handelt sich um das wetteronline.de – Urteil des Bundesgerichtshofs aus Anfang 2014 (BGH, Urteil vom 22. Januar 2014, Az. I ZR 164/12, wetteronline.de).

Hier wollte der Inhaber der Domain wetteronline.de, die bereits seit einigen Jahren eingetragen war, gegen den Inhaber der Domain wetteronlin.de, also ohne das „e“ am Ende, vorgehen. Der Inhaber von wetteronline berief sich auf ein Namensrecht zugunsten seiner Domain und behauptete, dass die Domain wetteronlin dieses Recht verletze. Als zweites trug er vor, dass die Benutzung von wetteronlin unlauter sei, also ein Verstoß gegen Wettbewerbsrecht darstelle.

Ein Namensrecht sahen die Richter wegen der rein beschreibenden Funktion der zusammengesetzten Worte „Wetter“ und „Online“ für einen Online Wetterdienst als nicht gegeben an. Doch hinsichtlich des Verstoßes gegen Wettbewerbsrecht erhielt der Betreiber von wetteronline Recht: Die Bundesrichter führten aus, dass die Nutzung einer Domain allein zu dem Zweck, Besucher abzufangen, die sich vertippt hätten (weil sie schlicht das letzte e nicht getippt hätten), aber eigentlich den Wetterdienst erreichen wollten, unlauter und daher wettbewerbswidrig sei.

Was macht dieses Urteil besonders und hier erwähnenswert? Es zeigt, dass es bei der Frage, ob die Nutzung einer Domain zulässig ist, nicht nur auf den Namen einer Domain ankommt, sondern auch auf die Umstände. Es kann rechtswidrig sein, eine Domain zu verwenden, wenn deren Nutzung aus anderen Gründen als dem Wortlaut rechtsverletzend ist.

BGH: energycollect.de

Das zweite vorgestellte Urteil ist ebenfalls vom obersten Zivilgericht Deutschlands, dem BGH, und zwar aus Oktober 2023 (BGH, Urteil vom 26. Oktober 2023, Az. IZR 107/22, energycollect.de). Diese Entscheidung zeigt noch einmal, dass es auf den konkreten Einzelfall ankommt.

Es geht erneut um Namensrecht. Wie im Rahmen der Legal Facts erläutert, kommt es bei der Frage, ob ein solches verletzt wurde, auf eine Abwägung der gegenseitigen Interessen – einerseits des Domaininhabers und andererseits desjenigen, der sein Namensrecht geltend macht – an. Im hiesigen Fall war dies auf der einen Seite der Inhaber der Domain energycollect.de. Diese nutzte er seit 2010, ausschließlich zum Zwecke der Weiterleitung auf seine Webseite on-collect.de. Auf der gegnerischen Seite stand ein 2020 gegründetes Unternehmen mit dem Namen Energy Collect. Kläger und Beklagter sind in der gleichen Branche tätig.

Der BGH hatte also zu entscheiden, ob ein jüngeres Namensrecht das bereits bestehende Nutzungsrecht an einer gleich lautenden Domain schlägt. Und tatsächlich, in einer detaillierten Interessenabwägung legt der Gerichtshof dar, dass es nicht allein namensrechtliche Interessen sind, die zugunsten einer Seite in der Waagschale liegen, sondern zum Beispiel auch wirtschaftliche Interessen. Ausdrücklich stellt das Gericht fest, dass ein „sinnvoller Weiterleitungsgebrauch (einer Domain) nicht ohne weiteres rechtsmissbräuchlich“ ist, das heißt, dass es nicht unzulässig ist, eine Domain auch nur als Weiterleitung auf die eigene Seite zum Zweck einer besseren Auffindbarkeit im Internet zu nutzen. Und natürlich fiel auch die Tatsache, dass der Domaininhaber die Domain bereits seit über zehn Jahren zu diesem Zweck nutzte, ins Gewicht.

Insgesamt zeigt diese Entscheidung des BGH, wie bereits erwähnt, dass es immer auch besondere Fälle geben kann, bei denen es sich lohnt, genauer hinzusehen.

Zum guten Schluss

Zusammenfassend ist festzuhalten: Der Inhaber einer Domain besitzt immer nur ein Nutzungsrecht, kein Eigentum. Er ist für die von ihm, bzw. auf seinen Namen registrierten Domains rechtlich verantwortlich. Er kann die Domain im Rahmen des rechtlich Zulässigen nutzen, wie er möchte, er kann sie auch verkaufen und vermieten.

Wichtig ist vor allem: Bevor eine Domain registriert wird, ist es sinnvoll, dass man sich damit auseinandersetzt, ob der gewählte Wortlaut eventuell Marken oder andere geschützte Rechte Dritter verletzt. Dadurch kann eine aufwändige Auseinandersetzung von vornherein vermieden werden.